Wie leicht fällt es Dir, Veränderungen, die an Dich von außen herangetragen werden, anzunehmen? Meine Assistentin ANNA hat da ganz aktuelle Erfahrungen zu berichten …:

Ich bin ein Gewohnheitsmensch und liebe kurze Wege. Daher war es für mich super, dass ich bei meiner vorigen Stelle nur mal kurz über den Platz gehen musste, um zu meinem Frauen-Fitnessstudio zu gelangen – und glücklicherweise auch nach dem Wechsel zum nächsten Job ebenfalls nur ein paar Meter zu einer anderen Filiale des Studios. Mein inneres Faultier kann ich dadurch gut überholen. Bis es rebelliert, bin ich schon beim Sporteln.

Im ersten Studio habe ich fünfzehn Jahre lang quer durch unterschiedlichste Lebensphasen trainiert – u.a.  während einer langen Krankheitsphase, schwanger, mit Baby (in der Kinderbetreuung) -, im zweiten immerhin siebendreiviertel Jahre. Freitag Nachmittag nach Büroschluss ist meine Zeit! Ich gehe an die Geräte, gönne mir dann Sauna und ein Schläfchen im Ruheraum. Das ist auch meine Kreativzeit, mir kommen dort die besten Ideen! Ich kann mir keinen schöneren Einstieg ins Wochenende vorstellen.

Es war ein regelrechter Schock für mich, als ich vor ein paar Monaten erfahren habe, dass mein aktuelles Studio wegen der künftig unbezahlbar hohen Mieten schließen muss. Nach dem Schreck und der Wut kam die Trauer, ich hatte einen regelrechten Veränderungsblues

Irgendwann war ich es leid, nur zu jammern. Hilft ja nichts, isso, daran kann ich nix ändern. Dann habe hin und her überlegt, wo ich künftig trainieren mag und was mir wirklich wichtig ist. Daheim um die Ecke in einem Ministudio? Oder gleich umsteigen auf Pilates dort, wo ich Qigong mache, ebenfalls ganz in meiner Nähe? Mir wurde klar, dass mir die Sauna viel wert ist, und das bitte unter Frauen. Also war der logische Schritt: “heim” in mein altes Studio.

Eine neue Jammerrunde: der weitere Weg …. alles umständlich … das Radeln ist mir zu weit … die Gepäckschlepperei, wenn ich “öffentlich” hinfahre …

Immerhin kam ich recht bald auf die Idee, mein Fahrrad bei Büro stehen zu lassen und nur die Fahrt zum Studio und zurück mit der U-Bahn zu bestreiten. Mein Gewinn: zweimal zehn Minuten Zeit für meinen U-Bahn-Krimi! Den gab es nicht mehr, seitdem ich nahezu alle Wege radele. Mit ihm tröste ich mich auch, wenn mir eine Bahn vor der Nase wegfährt: lesen statt ärgern!

Und bei den paarmal, die ich inzwischen im “neuen” Studio trainiert habe, konnte ich noch einige weitere Vorteile gegenüber dem geschlossenen entdecken: die Balustrade im sechsten Stock, bei der ich im Winter beim Saunieren die Arme auf Schnee legen kann – manchmal Fernblick auf die Berge und im Frühling einen gigantischen Blick auf Kastanienblüten von oben  – neue Angebote, z.B. gratis Abende mit Beckenbodentraining (ein Thema, das ich mir sowieso für heuer vorgenommen hatte) – nette Kleinigkeiten wie Nanaminztee aus dem Samowar. Außerdem liegen für mich nun Filialen meines Lieblingsdrogeriemarktes und meiner Bank noch günstiger als bisher. Angenehm – wie gesagt, ich liebe kurze Wege.

Offenbar hat mich der Wechsel animiert, mich Neuem zu öffnen: Allmählich gewöhne ich mir auch ab, meinen alten Geräten nachzutrauern und freunde mich mit den neuen an. Teilweise gefallen die mir sogar besser! Und letzten Freitag habe ich spontan und für mich selbst überraschend meine Saunazeit nach hinten verschoben und bei der zweiten Zumbastunde meines Lebens mitgemacht. (Von meiner ersten habe ich schon mal erzählt; damals ging’s um Perfektionismus.) Hat mich sehr belebt!

Ein erzwungener Fitnessstudiowechsel, ungewollt einen neuen Friseur des Vertrauens suchen müssen, ein anderer Bürostandort, mit dem man sich arrangieren muss – Außenstehende tun das manchmal schulterzuckend mit einem “So what, wo ist das Problem?” ab. Veränderungsscheue wie ANNA, die für sich das Passende gefunden hatten und es freiwillig nie geändert hätten, bekommen bei solchen Alltagsärgernissen erstmal den Blues und fühlen sich gewaltsam entwurzelt.

Wie hat ANNA den Wechsel gut hinbekommen und sich wieder in Kraft gebracht? Sie hat den hilfreichen Gelassenheitssatz angewandt:

“Ich wünsche mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.”

Ändern konnte sie nichts (“isso”), also musste sie die Dinge annehmen. Und das Beste daraus machen! Nach den traurigen und wütenden Gefühlen hat sie ihren Kopf eingeschaltet und überlegt, was ihr wirklich wichtig ist. Die Sauna hat vor der Wohnungsnähe gesiegt. Inzwischen hat ANNA weitere Vorteile der neuen Situation erkannt und nutzt sie für sich. Sie trauert immer weniger dem alten Studio, der dortigen Einrichtung und den damaligen Geräten nach, sondern lässt sich auf Neues ein. Der “U-Bahn-Krimi” ist übrigens eine Form des selbststärkenden Umdeutens/Reframings: “Juhu, warten Müssen ist Gelegenheit zum länger Lesen!”

Damit wendet ANNA an, was ich das “Emmentaler-Prinzip” nenne: nicht nur auf die “Löcher” schauen (also das, was fehlt oder nicht mehr da ist), sondern zunehmend auf den “Käse” (die Ressourcen, das Positive, die Chancen). Davon werde ich Dir ein andermal mehr erzählen – versprochen.

 

Übrigens: Dieser Aufsatz ist Teil meines dritten Buchs “Wechsle mal die Brille! Impulse und Methoden zur Selbststärkung im Alltag”, das im Oktober 2018 erschienen ist.

 

Und jetzt Du: Wie gehst Du mit von außen verordneten Veränderungen um? Was hilft Dir dabei?

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